Samstag, 29. Dezember 2012

Kleine Autos, dafür aber große Komplimente

So kurz vor Jahresende muss ich hier noch ein paar Dinge loswerden, unter anderem die Geschichte von einem subtropischen Weihnachtswunder... Aber alles nacheinander.

Es kommt mir fast unfair vor, mich hier schon wieder über das Wetter zu beschweren, schließlich habe ich schon den ganzen Sommer über die Hitze gemault. - Ich tue es aber trotzdem: In Tokyo ist es im Moment etwas sehr frisch, um nicht zu sagen, es ist schattig. Manche sagen auch kalt. Es ist nicht richtig winterlich kalt, es liegt hier kein Schnee, Eis gibt es auch nur in Drinks und in den Eisdielen. Aber durch die mehr virtuelle Isolierung der Wohnungen ist man spätestens nach drei Stunden ohne Heizung in jeden Zimmer hervorragend über die Außentemperatur informiert. Die aktuelle Außentemperatur wird sozusagen indoor erlebbar gemacht. Und alles, ohne dass man dafür ein Fenster öffnen muss. Das Leben in Japan ist halt sehr serviceorientiert. 

Dann haben wir noch Westbesuch: Wir haben gerade Besuch von der Lieblingsschwiegermutter der besten Ehefrau, die ich je hatte.
Und wenn man Gäste hat, dann muss man dem Besuch ja auch was bieten.
Also haben wir uns kurzentschlossen vor den hohen Heizkosten über die Weihnachtsfeiertage in den Süden geflüchtet: Nach Okinawa...
Wer sich jetzt den Spontan-Besuch bei Wikipedia sparen will: Okinawa ist der südlichste Teil Japans, subtropische Inseln mit momentanen Temperaturen von 20-23 Grad, im Sommer mehr. In Kombination mit günstigen Flugpreisen eine echte Verlockung.
Außerdem musste unser Auto mal wieder gewaschen werden... Deshalb sind wir mit dem Auto zum Flughafen gefahren, haben den Wagen während unserer Reise einer Firma anvertraut, die ihn gegen eine Zahlung von knapp 70 Euro gewaschen hat. In dem Preis war das Parken während unserer Reise kostenlos enthalten. Ein cleveres Geschäftsmodell, in Berlin gibt es sowas auch: Da kann man sich am Parkhaus vom Flughafen Tegel für 20 Euro am Tag sein Navi und ein wenig Kleingeld aus dem Auto klauen lassen... Aber dafür ist der Wagen hinterher nicht sauber.

Okinawa ist irgendwie auf eine typisch japanische Art un-japanisch. Man hastet nicht morgens mit der U-Bahn zur Arbeit, man kann höchstens in der Inselhauptstadt Naha mit dem Monorail fahren.
Ansonsten fährt man dort Auto... Also fast. Genauer gesagt fährt man auf Okinawa mehrheitlich Kei-Car. Die phonetische Ähnlichkeit zum "Kettcar" ist kein Zufall, auch die Größe ist ziemlich ähnlich.
Ein Kei-Car ist eine Besonderheit, die es so nur in Japan gibt: Ein Auto mit maximal 3,40 Meter Länge, 1,47 Breite und maximal 660ccm-Motor mit 63 PS. Dafür dann aber mit Automatik, Klima, Navi, Servo, Start-Stopp-Automatik, elektrisch anklappbaren Außenspiegeln, Becherhaltern, Bodenradar, Flux-Kompensator und unglaublichen vier(!) Sitplätzen.
Wir hatten uns zum Erkunden von Okinawa und dem Besuch bei den Fischen so einen Wagen gemietet... Und auch bekommen: Einen grünen Daihatsu Tanto, diesen hier:





















Das Fahrgeräusch erinnerte leicht an einen Aufsitz-Rasenmäher, aber dafür hat man im Stand kaum etwas vom Motor gehört. Hauptsächlich weil einen ständig irgendwelche Pieps- und Palim-Palim-Geräusche daran erinnert haben, dass man die Handbremse (die übrigens mit einem Pedal im Fußraum betätigt wurde) noch angezogen hatte, das Licht an oder der Rückwärtsgang eingelegt war. 
Außerdem belehrte einen das Navi unterwegs regelmäßig über Mautstationen... Aber erst, wenn man sie bereits sehen konnte. Aber dafür in akzentfreiem Japanisch... Das könnte ich nicht.

Was es sonst noch über Okinawa zu sagen gibt: Tolles Essen, großartige Sehenswürdigkeiten, Landschaft und Natur.
Hier ein paar Fotos:
































Dann ist da noch die Sache mit den Amis und Okinawa, für die US-Armee ist Okinawa so etwas wie ein "unsinkbarer Flugzeugträger", man betreibt dort mehrere US-Militärbasen. Dieser Flugzeugträger ist aber nur deshalb noch nicht untergegangen, weil kein bekiffter G.I. mit ihm irgendwo gegenfahren konnte. Das unterscheidet Okinawa also von einem Jeep.
Ganz ehrlich: Ich hatte mit mehr offensichtlicher Ami-Präsenz im täglichen Leben gerechnet. Aber wahrscheinlich trauen die Amis sich nicht aus ihren Stützpunkten. Es gibt nämlich gar nicht so viele überlebensnotwendige Starbucks-Filialen wie man glaubt.

Aber dafür hat man erstaunlich viel Platz um lustige Neon-Reklame aufzuhängen: 
















Jede Region der Welt hat seinen großen Touristenmagnet: NY hat den Times Square, Bayern hat Neuschwanstein, Berlin hat keinen fertigen Flughafen... Und Okinawa hat das Churaumi-Aquarium, sehr groß, sehr sehenswert. Obwohl die Besucher mehrheitlich Japaner sind, verhält man sich dort sehr zurückhaltend: Es gibt keine Sushi-Bar zwischen den Becken, man kann auch gegen Aufpreis keinen einzigen Fisch aus dem Becken als Sashimi mit an den Strand nehmen. Es gibt im Aquariums-Shop nicht mal Rezeptbücher... Und das in einem Land, in dem Whale-Watching nur das Vorspiel zum Whale-Eating ist.

Aber dafür gibt es dort die größten Fische der Welt zu sehen: Walhaie.
Die sehen dann so aus:
















Kurz zur Erläuterung: Der Walhai ist der mit den weißen Punkten, die mit der Kamera in der Hand sind Japaner.

Die Einwohner von Okinawa haben allerdings eine Schwäche: Sie nehmen es mit der Wahrheit nicht allzu genau. Man hat mir nämlich bei einem Restaurantbesuch das Kompliment gemacht, dass mein Japanisch gut ist.
Solche dreisten Lügen kennt man in Deutschland sonst nur von Kellnern, die sich bei Schwaben Hoffnungen auf Trinkgeld machen. Da Trinkgeld in Japan aber nicht nur unüblich ist, sondern geradezu eine Beleidigung für jeden Dienstleister, musste es einen anderen Grund für dieses substanzlose und unverdiente Kompliment geben. Ein Blick auf den Kalender brachte Klarheit: Es war der 24. Dezember... Es war also einfach nur ein profanes Weihnachtswunder. Sowas wie die unbefleckte Empfängnis oder eine gute Idee von unserer amtierenden Familienministerin.

Ob es auch ein Silvester-Neujahrswunder gibt, werde ich erst im nächsten Jahr berichten können. Ich halte Euch auf dem Laufenden.
Bis dahin wünsche ich einen gute Rutsch und ein frohes neues 2013.


Montag, 3. Dezember 2012

Wieder da, eigentlich sogar wieder zuhause

So, wir sind wieder da.
Die beste Ehefrau, die ich je hatte, und ich sind aus Deutschland zurück.
Die Begrifflichkeit dieser Reise im Diplo-Sprech lautet "Heimaturlaub", wobei dieser Begriff bestimmt noch aus Bonner Zeiten stammt. Ein Aufenthalt in Berlin sollte nicht leichtfertig mit dem Begriff Urlaub in Verbindung gebracht werden.
Wer momentan durch Berlin läuft, der macht keinen Spaziergang, der Begriff "Baustellenbegehung" trifft es eher. Ich habe mich ehrlich gewundert, warum im ganzen Bezirk Mitte auf der Strasse noch keine Bauhelm-Pflicht gilt.
Aber ich bin ja immer Optimist, das Fazit meines Berlin-Besuchs sind zwei Dinge:
Berlin braucht den neuen Flughafen gar nicht, man kann sich auch ganz hervorragend über die S-Bahn ärgern.
Und: Es ist ziemlich egal, wie doof die Verkäuferinnen im "griechische Siegesgöttin"-Town auf dem Tauentzien sind, wenn sie Schuhe in meiner Größe haben, dann muss man es halt ertragen. Die Tage dieses Turnschuh-Rohrpostamtes sind eh gezählt.

Aber ich will nicht zu sehr über Berlin meckern, in Paris war es noch viel schlimmer. Genauer gesagt, an dem Ort von dem die Franzosen immer noch glauben, es wäre ein Flughafen: Paris-CDG. Ich weiß nicht so genau, was der arme Charles de Gaulle seinen Landsleuten angetan hat, aber er hat es bestimmt nicht verdient, dass man einen derart unorganisierten, chaotischen, schlecht beschilderten und mit inkompetentem Personal ausgestatteten Flughafen nach ihm benennt. Aber ich erwähnte ja bereits meinen Optimismus: Paris-CDG ist noch zu retten. Man muss die bestehenden Gebäude nur bis aufs Fundament niederbrennen und dort anschließend den Flughafen Narita klonen. Inklusive des Pesonals.
Das momentane Personal schickt man einfach in die Bretagne und lässt sie dort tun, was sie jetzt auch machen: Nichts richtig.
Aber letztendlich soll es mir auch egal sein, wenn es aus Tokyo irgendwann nur noch Flüge nch Paris gibt, dann nehme ich halt das Schiff. Aber ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass es einmal so weit kommt... Wenn sich ein Japaner selbst kasteien will, dann fährt er mit Frau und Kind sonntags zu Ikea nach Yokohama. Das ist billiger als ein Flug nach Paris und ungefähr genauso ätzend... Aber sauberer und übersichtlicher.

Dann sind wir noch in der Perle Deutschlands gewesen, in Niedersachsen. Gefühlt waren wir dort sogar ganz alleine. Im direkten Gegensatz zu Tokyo hat sich mir beim Besuch bei der Familie im Weserbergland nur eine Frage gestellt: Wozu baut man dort breite Bürgersteige auf beiden Seiten der Straße, wenn man gar nicht genug Einwohner hat, die dort langlaufen können.
Aber dann könnte ich auch nach dem Grund für die unverschämten Benzinpreise fragen.















Unsere Aktivitäten in Dutschland lassen sich schnell beschreiben: Vollkorn-Käsebrote essen, Freunde treffen, shoppen und Vollkorn-Käsebrote essen.

Dann sind wir wieder zurückgeflogen... Zurück nach Hause.
Fazit: Unsere regelmäßigen Besuche in Deutschland werden im Wesentlichen zwei Zwecke erfüllen, wir können unsere Freunde treffen. Und wir werden dran erinnert, dass es nicht überall so schön wie in Tokyo ist.

Wir haben uns schnell wieder eingelebt, meine akute Hypo-Pescatarisierung, auch Unterfischung oder Sushi-Mangel genannt, wurde schnell korrigiert. Jetzt habe ich wieder den Kampf mit meinen hiesigen Gegnern aufgenommen: Den "Geschwistern Kana", Vorname Hira und Kata.

Über eventuelle Erfolge halte ich Euch auf dem Laufenden.


PS: Ein Besuch auf dem Super-Oktoberfest am Samstag hat es mal wieder gezeigt: In Tokyo ist man nie ganz alleine.