Montag, 21. Januar 2013

Tokyosibirsk, Teil 2 - Gegenmaßnahmen!

Das Wetter hat sich gebessert, statt schneiend kalt ist es jetzt wieder sonnig kalt.
Aber der Winter mit seinen nächtlichen Tiefsttemperaturen von 6-8 Grad in unserem Schlafzimmer hat seinen Schrecken verloren. Denn meine Neugierde hat mich 178 Yen in etwas investieren lassen, dass aussieht wie ein nichtklebendes Rheumapflaster, das man mit Nesquik gefüllt hat. Also für 178 Yen bekommt man eine Tüte mit zehn nichtklebenden Nesquik-Pflastern.
Und weil wir in Japan sind, gibt es natürlich noch eine Verpackung dazu, die total "kawaii" ist.















Obwohl ich ganz ehrlich sagen muss: Wenn mir jemand diese Tüte gezeigt und gesagt hätte, dass in diesen Tüten ein Mittel ist, mit dem man hier die Robben vergiftet, dann  hätte ich ihm geglaubt. Ich hätte mich nur gefragt, warum man es immer noch verkauft, schließlich hat das Mittel bereits seine Wirkung gezeigt... Robben sind nämlich aus dem täglichen Straßenbild in Tokyo vollständig verschwunden.

Der Name dieses wundervollen Produktes lautet "Nukurinko". Wenn man die einzelnen Wortbestandteile übersetzt, dann kann man "Nukurinko" sehr kreativ mit "der große Kälte-Auslasser" übersetzen.

Nukurinkos sind kleine Wärmekissen, die durch kräftiges Schütteln aktiviert werden. Auspacken, einmal kräftig schütteln, schon wird es warm. Und es bleibt so für Stunden.
Die ideale Wärmflasche für Rotationsschläfer wie mich. Ich muss jetzt keine Angst mehr haben, dass ich aufwache, weil der Stopfen der Wärmflasche in meine Augenhöhle drückt.

Eins ist sicher: Morgen klebe ich mir gleich zum Arbeitsbeginn ein aktiviertes Nukurinko auf meine Computermaus. Das wird schön warm.

Über sonstige Einsatzideen halte ich Euch auf dem Laufenden, mir fällt da bestimmt noch was ein. Versprochen!



Sonntag, 20. Januar 2013

Neues aus Tokyosibirsk

Ich muss heute mal mit einen kleinen Exkurs in längst vergangene Zeiten starten. Als ich mit der besten Ehefrau, die ich je hatte, unseren Umzug geplant habe, saßen wir vor "der Liste", im Diplo-Sprech auch unter "Vakanzenliste für den gehobenen Dienst" bekannt.
Eine erste Durchsicht hatte mir schnell gezeigt, dass ich immer noch die meisten Hauptstädte der Welt kannte. Bei den wenigen, die ich nicht kannte, konnte ich einfach sagen "In Bamako gibt es bestimmt kein zuverlässiges Internet". Schon war ich fein raus, ich musste gar nicht grübeln, ob Bamako jetzt die Hauptstadt von Mali, Mauretanien oder Mazedonien ist.
Um den Wust an potentiellen Stationen zu strukturieren, habe ich viele Posten aussortiert. Und zwar sind in der ersten Runde gleich alle Posten rausgeflogen, in denen man entweder Französisch spricht oder in denen es regelmäßig schneit. Diese Sortierung macht durchaus Sinn, die Schnittmenge bildet nämlich nur Frankreich. Das ist also meine persönliche doppelte No-Go-Area, nach unserem Erlebnissen auf dem Flughafen Paris-CDG gilt das inzwischen auch fürs Umsteigen.

Dass in Tokyo kein Französisch gesprochen wird, dürfte allgemein bekannt sein, damit ist auch die hohe Lebensqualität in der Stadt erklärbar: Tokyo ist halt nicht wie Frankreich. Also ist Tokyo schön.

Tokyo wäre aber schöner, wenn es sich nicht ab und zu in Tokyosibirsk verwandeln würde.

Nämlich dann, wenn es plötzlich schneit. Und das hat es leider am letzten Montag sehr gründlich getan.
Beweisfotos? Bitte sehr:




Es hat pünktlich morgens angefangen, unglaublich stark zu schneien. Gemeiner, pappiger, nasser Schnee. Ich habe noch reflexmäßig versucht, das Schlimmste zu verhindern. Aber leider geht Schnee nicht weg, wenn man die Vorhänge zuzieht.
Am Ende des Tages hatte es 15 Zentimeter geschneit und meine Moral war ebenfalls unter den Gefrierpunkt abgesunken. - Wie kann es in einem Land, dass "Hello Kitty"-Nudeln, Sushi und Hybrid-Toyotas hervorgebracht hat, plötzlich in der Hauptstadt schneien? Schnee sollte für die Gegenden der Welt reserviert sein, in denen er nicht weiter stört. Oder in denen man Olympische Winterspiele abhält. Dort hat er sich durchaus bewährt.

Am späten Nachmittag hat der Hunger und die Neugier die beste Ehefrau, die ich je hatte, und mich nach draußen getrieben.
Was wir dort sahen, irritierte etwas.
Grundsätzlich ist Tokyo bei Schneefall wie Berlin bei Schnee. Erstmal bricht alles zusammen. Dann fahren dort keine Räumfahrzeuge.
Nach einer kurzen Schockphase besinnt man sich hier jedoch und macht genau das, was ein Engländer auch macht, wenn es auf seiner Insel schneit: Man zieht Schneeketten auf seine Sommerreifen und fährt dann damit durch den Schneematsch. Das macht man solange, bis die Straßen trocken sind... Dann fährt man weiter mit den Schneeketten auf der trockenen Strasse. Wie ein Engländer... Muss am Linksverkehr liegen.



















Da es statistisch aber nur einige wenige Tage im Jahr schneit, dieser Schnee dann auch nur selten liegenbleibt, besitzen japanische Hausbesitzer meist keine Schneeschaufeln. Die wenigsten Deutschen besitzen ja auch feinen Besen, um herangewehten Wüstensand von ihren Autos zu fegen.
Aber auch ohne Schneeschaufel sind unsere Nachbarn am nächsten Tag den lästigen Schnee vor ihrer Tür wieder losgeworden, sie haben ihn einfach fortgespült. Mit einem Wasserschlauch und viel Wasser... Wie gut, dass es zwar geschneit hat, aber nicht gefroren.

Inzwischen sind wir den Schnee wieder los, die meisten Autofahrer haben auch die Schneeketten von ihren Sommerreifen heruntergenommen. Oder sie sind ihnen einfach irgendwann gerissen.

Was bleibt, sind die vielen japanischen Mädchen, die mit Vornamen Yuki heißen, was soviel wie "Schneefall" bedeutet. Keine schöne Bedeutung, aber es klingt immerhin noch besser als Schantalle oder Nena-Shakira.

Ich weiß jetzt, dass es in Tokyo auch mal schneit. Trotzdem mag ich diese Stadt immer noch sehr.

Welche Wetterkapriolen uns noch erwarten, weiß ich nicht... Aber ich halte Euch auf dem Laufenden, wenn unsere Nachbarn ihren Gartenschlauch wieder für etwas benutzen, das ich ihnen nicht zugetraut hätte. Jedenfalls solange es jugendfrei ist. Versprochen.

Sonntag, 6. Januar 2013

Ein neues Jahr, ein neues Glücksspiel!

Ich wünsche allen Lesern, Nichtlesern und von Lesern-darüber-erzählt-Bekommern ein frohes und gesundes neues Jahr.





















Das Jahr 2013 ist übrigens gemäß des chinesischen Horoskops das Jahr der Schlange... Da wundert es mich doch sehr, dass das Buch Bettina Wulff schon im letzten Jahr erschienen ist. Aber gut, dann haben wir das schon mal hinter uns. - Was kann jetzt wohl noch kommen? Vielleicht ein Familien-Ratgeber in Co-Produktion von Kristina Schröder, Ursula von der Leyen und Lothar Matthäus... Die drei haben ja sonst nix zu tun.

Ich muss noch einen Nachtrag vom letzten Jahr nachreichen: Die Aussage "Wir haben die Feiertage auf Okinawa verbracht" klingt weniger prahlerisch wenn ich jetzt noch ergänze, dass wir dort mit einem Billigflieger hingeflogen sind.
Auch bei asiatischen Billigfliegern muss man im Service Abstriche machen, man kann also nicht viel erwarten. Man bekommt ungefähr den Service, den man bei der Deutschen Bahn in der 2.Klasse bekommt. Man muss also für alles bezahlen, aber mit drei Unterschieden: Es ist deutlich billiger, die Verkehrsmittel sind sauberer und die Getränke werden mit einem Lächeln serviert.
Billigflieger, oder wie sie sich selber gerne nennen: "Low-Cost-Carrier" funktionieren überall auf der Welt nach dem gleichen Prinzip: Die Flieger müssen voll sein; alles was Gewicht verursacht, muss bezahlt werden... Oder es bleibt draußen.
In Asien geht man dabei ein paar besondere Wege: Eine asiatische Low-Cost-Carrier-Stewardess wiegt im einsatzbereiten Zustand (angezogen, frisiert und geschminkt) maximal 32 Kilo.
Da könnte sicht die Firmen Easyjet und Airberlin eine Scheibe von abschneiden, dort schleppt jede Stewardess ja alleine 800 Gramm Stuckatur-Gips als unnützen Ballast im Gesicht herum.

Weil die asiatischen Billigflieger so viel Gewicht an den Saftschubsen sparen, gibt es dort dicke, buntbebilderte Bordmagazine. Das Bordmagazin der AirAsia hört auf den protzigen Namen "Travel 3 sixty", damit wird klar: Bescheuerte Namen mit schwer verständlichen Buchstaben-Ziffern-Kombinationen sind kein alleiniges Merkmal von Casting-Bands.
Da ich leider keinen geeigneten Stift dabei hatte, um den Boden der AirAsia-Spucktüten auf der Innenseite mit Konfuzius-Zitaten zu versehen, habe ich das Bordmagazin durchgeblättert: In einem Bericht über die angeflogenen Ziele und ihre Neujahrbräuche war ein kurzer Artikel über verrückte Neujahrsbräuche aus aller Welt.
In diesem Artikel hat auch Deutschland Erwähnung gefunden. Man fand es nämlich bemerkenswert, dass die Deutschen seit 40 Jahren sich zum neuen Jahr immer wieder einen alten, schwarz-weißen Fernsehsketch mit einer Rentnerin und einem betrunkenen Butler in einer fremden Sprache ansehen, dessen genauer Inhalt ihnen im Vorspann auch noch erklärt werden muss.
Das zeigt doch: "Verrückt" ist immer eine Frage des Blickwinkels.

Wir haben zum Jahreswechsel hier genau das gemacht, was die Japaner auch machen: Zuviel essen und danach in den Tempel gehen. Japanische Neujahrsbräuche kann man hier bei Wikipedia nachlesen. Der Artikel lässt aber einen Neujahrsbrauch aus, der mich sehr begeistert hat: Den, der oder das Fukubukuro.
Ich erwähnte bereits, dass Glücksspiel in Japan illegal ist, es gibt aber drei Ausnahmen: Pachinko, eine Lotterie und Fukubukuro.
Pachinko ist laut und langweilig, die Lotterie ist wie in Deutschland auch: Man kauft sich ein Los und es gewinnt jemand anderes.
Fukubukuro ist hingegen die ideale Kombination von Konsum und Glückspiel, es handelt sich um fertig gepackte und verschlossene Glückstüten, die man in den ersten Tagen des neuen Jahres in vielen Geschäften kaufen kann. In diesen Tüten befindet sich Ware aus dem Geschäft, die weg muss und deshalb erheblich reduziert ist. Wenn man also bei einem japanischen Juwelier eine Fukubukuro-Tüte kauft, dann kauft man die "Juwelen im Sack".
Ich habe mir am 2. Januar so eine Fukubukuro-Tüte von Swatch gekauft, für umgerechnet 55€ gab es eine Fünftuhr für mich und eine Zweituhr für die beste Ehefrau, die ich je hatte. Was will man mehr?
Nächstes Jahr bin ich vorbereitet, dann gehe ich gleich gucken, ob es diese Glückbeutel auch beim Obsthändler gibt.... Vielleicht gibt es dort dann einen Beutel mit sechs Erdbeeren, einer Ananas und zwei Äpfeln. Wenn der Preis unter 20 Euro liegt, dann ist es ein Schnäppchen.

Aber bis es soweit ist, melde ich mich noch das eine oder andere Mal. Versprochen.