Liebe Leser,
während sich die Deutschen darüber freuen, dass es warm ist, während Bewohner von Kopenhagen in sozialen Netzwerken ihr Glück darüber in die Welt hinausrufen, dass es in ihrem Schlafzimmer nachts Temperaturen von 25 Grad hat, genau während dieser Zeit haben wir hier richtigen Sommer. Also 33 Grad tags, 29 Grad nachts, dazu kommt noch ordentlich Luftfeuchte.
Der Kenner sagt dazu: Typischer Sommer in Tokyo, ist doch jedes Jahr so. Für uns Neuankömmlinge ist es aber ein Erlebnis. Ich bin heute mit dem Fahrrad zum Japanisch-Unterricht gefahren, wie immer einen kleinen Umweg, damit ich nicht über die Hügel der Stadt muss, sondern eher ebenerdig fahre. Die Fahrt in der Hitze ist gar nicht so schlimm, das Anhalten ist viel schlimmer.
Auf dem Weg vom natürlich kostenpflichtigen Fahrradparkplatz zur Sprachschule muss ich eigentlich nur 200 Meter die Straße entlang, inzwischen gehe ich aber einen kleinen Umweg durch ein Kaufhaus. Da läuft nämlich die Klimaanlage und ich komme nicht tropfend wie ein Kieslaster in der Schule an.
Eigentlich könnte man ja auf die prinzipiell gute Idee kommen, die Hitze mit Getränke auf Hopfenbasis erträglicher zu machen. In Deutschland stehen dafür im Prinzip Bier und Weißbier zu Verfügung. Bier und Weißbier haben noch einen Haufen hässliche Verwandte wie Kölsch, Alt, Radler, Gespritztes und andere Panschereien. Auf die will ich aber nicht weiter eingehen,
In Japan gibt es Bier, Happoshu und Daisan. - Klingt komisch, schmeckt manchmal auch so. Schuld an dem Bier-Wirrwarr hat mal wieder das Finanzamt. In Japan richtet sich die Höhe der zu entrichtenden Steuer auf Bier nach dem Malzgehalt, der beim Brauen verwendet wird. Die klassischen Biere, die mit 100 Prozent Malz gebraut werden, sind die teuersten. Eine 0,35-Liter-Dose "richtigen" Biers kostet nicht unter 250 Yen, also 2,60€. Im Supermarkt.
Direkt daneben stehen die Happoshus, die kosten wegen der geringeren Steuer ungefähr die Hälfte davon. Das sind Biere, die mit einem reduzierten Malzantail von unter 67 Prozent im dem für Bier üblichen Brauverfahren gebraut werden. Statt ausschließlich Malz werden Ersatzstoffe verwendet. Schmecken tun Happoshus auch fast wie richtiges Bier. Also ungefähr so wie Stella Artois, Amstel oder Kronenbourg, ein Engländer könnte es also leicht für richtiges Bier halten.
Aber die halten Nescafé ja auch für Kaffee.
Dann gibt es noch das Bier der dritten Kategorie, also Daisan. Das sind alkoholische Mischgetränke mit Biergeschmack. Hier wird dann meistens Happoshu mit anderen Sachen gemischt, es wird zusätzlicher Alkohol und Kohlensäure hinzugemischt und fertig ist das Bier der dritten Art. Sozusagen "Frankenstein-Bier", direkt im Labor zusammengebaut.
Ganz aktuell gibt es überall "Asahi Japan Gold", das Bier-Imitat extra für die Sommerspiele in London, mit dem Zeug kann man sich sogar nordkoreanischen Frauenfußball und Fernseh-Interviews von Tim Lobinger schönsaufen.
Preislich liegen diese Bier-Imitate noch unter Happoshus, und geschmacklich... Wie soll ich sagen? Sie liegen dort, wo die Amerikaner mit ihrem Bier noch hinwollen. Sie schmecken nach echtem Bier, manche mehr, manche weniger. Jeder Schwede würde schnell mit einem Eierlöffel große Löcher in zugefrorene Seen hacken, wenn man ihm verspricht, dass es dafür "Asahi Japan Gold" gibt.
Wenn man in Köln eins von diesen Kinderbieren trinken muss, von dem Lederschürzen-tragende "Kellner" behaupten, dass es "frisch" schmecken würde, dann ist man wesentlich schlechter dran als mit einer gut gekühlten Dose "Asahi Japan Gold".
Um es ganz ehrlich zu sagen: Die beste Ehefrau, die ich je hatte, und ich haben uns davon auch leimen lassen, wir haben das Zeug probiert und für Bier gehalten. Nicht unbedingt für das leckerste Bier der Welt, aber für Bier. Wir haben es gerne getrunken, wir würden es auch wieder trinken. Beim momentanen Yen-Kurs bleibt uns wohl auch nichts anderes übrig. Richtiges Bier gibt es jetzt nur noch für Gäste.
Aber vielleicht gibt ja jemand mal einen aus... Ich halte Euch auf dem Laufenden.
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