Montag, 7. Oktober 2013

Zurückmeldung... Nicht amtlich.

Der Botschaftsangehörigenangehörige lebt noch. Es geht ihm auch gut.
Keine Sorge...
Nachdem ich an meinem Geburtstag und in den Wochen dafür ausreichend Mecker dafür bekommen habe, dass hier seit unserer Rückkehr aus unserem Urlaub Funkstille herrscht, hat mich mein Gewissen ins Neuland geschleppt. Obwohl der Rest von mir lieber beim Sushi-Lunch vor einem Touchscreen sitzen würde.

Es ist ja nicht so, dass hier in den letzten Wochen und Monaten nichts passiert wäre. Im Gegenteil, wir sind beim richtigen Kaiser gewesen, ich habe Bier mit einer Krone aus Softeis mit Pils-Geschmack getrunken und ich habe mich auf unserem Heimaturlaub in Deutschland mal wieder so richtig über die Deutsche Bahn geärgert.
Wenn man mir die Frage stellen würde, was schlimmer ist: Das Bier mit dem Eisschaum oder die Deutsche Bahn, die Antwort wäre leicht. Kein japanisches Bier kann so schlimm sein, dass es die Flitzpiepen der Bahn übertreffen könnte. Nicht mal wenn man es mit Grüntee-Geschmack brauen würde.
Denn ein japanisches Bier sagt mir nicht "Nächster Halt Braunschweig". Vor allem nicht dann, wenn man eigentlich vor 20 Minuten in Hannover ankommen sollte. Ich kann jedem nur raten, seinen Aufenthalt in einem Bahn-Reisezentrum so kurz wie möglich zu gestalten. Denn rein statistisch ist ein Amoklauf dort so überfällig wie ein großes Erdbeben in L.A.

Warum ich hier trotzdem nicht gebloggt habe? Ich hatte eine Schreibblockade...  Oder anderes formuliert: Mein Blick auf Japan hat sich nach unserer Rückkehr aus Hawaii so verändert, dass ich nicht so weiterschreiben konnte. Ich habe mich an viele auf den ersten Blick verrückte Dinge hier so sehr gewöhnt, dass sie fast nicht mehr berichtenswert erscheinen.

















Für mich ist es jetzt völlig normal, dass man hier regelmäßig fiese Fanta-Varianten auf den Markt wirft, die ganz schnell wieder verschwunden sind. Berichtenswert wäre es wohl erst wenn eine von denen schmeckt oder nachts leuchtet.

Selbst die IOC-Entscheidung, die Olympischen Spiele 2020 nach Tokyo zu vergeben, erscheint mir von hier aus sinnvoll. Wenn auch erst auf den zweiten Blick... Aber das ging den meisten Japanern auch nicht anders.
Der Gewöhnungseffekt geht inzwischen sogar so weit, dass mich eine monatliche Stromrechnung von knapp 500 Euro im Sommer nicht mehr schockieren kann. Man denkt einfach kurz nach, ob man eine Hypothek aufnimmt oder besser eine Niere spendet.

Fazit: Ich grübele immer noch darüber, wie es hier weitergehen soll... Vielleicht mit mehr Fotos. Vielleicht aber auch mit was ganz anderem.
Ich halte Euch auf dem Laufenden... Versprochen.

Sonntag, 10. März 2013

Hawaii ist schön... Aber zuhause ist's schöner.

Das Wichtigste zuerst: Paul Kuhn hat gelogen. Es gibt doch Bier auf Hawaii... Oder anders gesagt, es gibt Flüssigkeiten, die man dort als Bier bezeichnet.
Das Bier lässt sich auf Hawaii in zwei Gruppen einteilen, einmal das typisch amerikanische Großserien-Bier mit seinen drei wichtigsten Inhaltsstoffen: Wasser, Wasser und Wasser.
Das gibt es noch das lokale hawaiianische Bier, dieses Bier wird in vielen verschiedenen Varianten gebraut, leider schmeckt keine davon. Besonders ist mir das "Hula Hefeweizen" in Erinnerung geblieben. Wohl weil ich den penetranten Nachgeschmack von Bananenschalen niemals vergessen werde. Und wegen des unglaublich bescheuerten Namens.
Aber auch der Gedanke an das "Wailua Ale"der Kona Brewing Company lässt mich instinktiv darüber grübeln, ob wir noch genug Bullrich-Salz im Haus haben. Laut Werbung wird es mit Passionsfrucht gebraut. Ganz ehrlich: Es schmeckt wie mit Multi-Sanostol gepanschtes Kölsch.
Aber ich will mich nicht darüber aufregen, dass man auf Hawaii kein ordentliches Bier bekommt. Ein Japaner würde ja auch nicht darüber meckern, wenn er in Deutschland Sushi bekommt, dass statt aus Reis aus Kartoffel-Pürree gemacht wurde.

Das Bier ist auch das kleinste Hindernis, dass Hawaii noch auf seinem Weg zu einem "richtigen" Urlaubsziel überwinden muss.

Doch das Positive zuerst: Big Island Hawaii ist großartig, Vulkane, Nationalparks, Whale Watching, Strände, reichlich Landschaft. Wirklich eindrucksvoll.











Wir sind mit Fahrrädern einen Vulkan heruntergefahren, zu fließender Lava gewandert, haben Wale gesehen und Seepferdchen gefüttert. Wir haben kein Golf gespielt und keine Helikopterrundflüge gemacht.
Es war also ein schöner Urlaub...




















Fast. Nur leider hat er teilweise in der DDR stattgefunden. Die beste Ehefrau, die ich je hatte, und ich haben uns bei der Buchung gemeinsam dafür entschieden, in ein Hotel zu ziehen, dessen Betreiber mit "Sh" anfängt und "eraton" aufhört. Das war ein Fehler, aber eine Ehe ist ja bekanntlich dazu da, gemeinsam Fehler zu machen und trotzdem Spaß zu haben.
Das Gebäude unserer Herberge war nicht das Problem, der Bau ist schon etwas älter, man sieht es auch. Man sieht aber auch, dass man in letzter Zeit investiert hat.
Dieses investierte Geld fehlt jetzt leider. Es fehlt vor allem, um davon ein paar Peitschen und etwas Zuckerbrot zu kaufen, damit man das unwillige, desinteressierte Personal wieder "auf Linie" bringen kann.
Die Zustände in dem Hotel haben mich doch sehr an die "gute alte DDR" erinnert.
Beim Check-In haben wir einen Stapel Frühstücks-Gutscheine bekommen, diese Gutscheine haben uns dazu berechtigt, uns jeden Morgen in einer Schlange anzustellen.
Wenn man nach ungefähr 10 Minuten dran war, dann wurde man von lustlosem Personal zu einem kleinen Tisch im hinteren Teil des Saales geführt.
Wie in der DDR: Es gibt natürlich auch Plätze auf der Terrasse oder am Fenster... Die sind aber nur für die Privilegierten, wer "auf Gutschein" frühstücken muss, der darf nicht am Fenster sitzen und das "Neue Deutschland" lesen.
Im der DDR gab es für Westgeld alles, hier ist es auch so. Wer den Koch schmiert, der bekommt ein Omelett. Wer die Kellnerin schmiert, der darf mal ans Fenster.
Beim Rest des Buffets sollte man stets sicherstellen, dass einem keiner der Vögel, die durch die offenen Fenster hereinfliegen, gerade ins Eipulver-Rührei kackt.
Die kleine DDR in der Pazifik hat natürlich auch ihre eigene Stasi, ich wurde gleich am zweiten Tag am Toaster von einem als "typisch amerikanischer Rentner" getarnten Offizier befragt, wo ich herkommen würde, wie lange ich bleibe, und was ich hier überhaupt will. Die letzte Frage habe ich mir im Frühstückssaal übrigens noch häufiger gestellt.
Wir haben danach davon abgesehen, weiteres Geld in gastronomischen Betrieben auf dem Hotel-Gelände zu lassen. So bin ich nicht dazu gekommen, mir die "Sahra-Wagenknecht-Platte" zu bestellen, es gab also in diesem Urlaub keinen Hummer.
Die ostzonalen Zustände haben übrigens nicht nur im Hotel geherrscht, sondern auch in einigen Restaurants in der Umgebung. In einem Restaurant konnte man uns an unserem Hochzeitstag keinen Tisch geben, nicht weil etwa alle Tische besetzt waren, sondern weil man offensichtlich keine Lust hatte, die leeren Tische abzuräumen und neu einzudecken.

Das hawaiianische Service-Problem erstreckt sich übrigens nur auf die Bereiche, in denen es teurer wird. In einem besseren Sitz-Imbiss mit dem vielsagenden Namen "Killer Tacos" gab es für ein paar Dollar nicht nur leckere Burritos, sondern auch einen freundlichen, hilfsbereiten und guten Service.
Überall wo man etwas mehr Geld ausgeben darf, kann, muss, sollte man immer darauf vorbereitet sein, dass das Personal sich lieber miteinander unterhält, statt sich um die Gäste zu kümmern. Übrigens um die gleichen Gäste, von denen man am Ende trotzdem 20% der Rechnungssumme als Trinkgeld haben will.

Zugegebenermaßen ist die Fallhöhe zwischen japanischem Service und den Zuständen in unserem Hotel extrem groß. Aber ich sehe es positiv: Nach diesen Urlaubs-Erfahrungen ist mir jetzt auch klar, warum die Japaner so gerne nach Hawaii fliegen... Sie wollen sich davon überzeugen, dass bei ihnen zuhause immer noch alles besser ist.

Fazit des Urlaubs: Wer eine subtropische Insel mit gutem Service will, der fliegt besser nach Okinawa... Da gibt es auch das bessere Bier.

Ich bin mit der tiefenpsychologischen Aufarbeitung unseres Urlaubs noch nicht ganz fertig, da kommt noch was. Versprochen!

Freitag, 22. Februar 2013

Ein Schnelldurchlauf... Mit oishii Erdbeeren!

Es wurde mal wieder Zeit, dass ich mich mal wieder melde. Es wurde jedenfalls von meiner an Rüsselseuche leidenden Lieblingstante bei einem Telefonat anlässlich ihres 44. Geburtstags nachdrücklich angemahnt. Wobei der Nachdruck sich nicht durch eine entschlossene Stimme erkennen ließ. Die klang eher nach einem gelangweilten Papst beim "Urbi et Orbi" im Endstadium.

Zuerst was Administratives: Nachdem ich mir seit der Pubertät immer mal wieder zu passenden und unpassenden Gelegenheiten einen gezwitschert habe, twittere ich jetzt auch.

Da Twitter ja ein "Kurznachrichtendienst" ist, ist dort nicht mal im Namen genug Platz für das simple Wort Botschaftsangehoerigenangehoeriger. Deshalb ist mein Twitter-Name auch kürzer, er lautet also @Botschaftsanan
Mehr nicht, nach Meinung von den Twitter-Erfindern, oder heißen die "Ertwitterer", muss das reichen.
Über den intellektuellen Nährwert der Twitterei habe ich mir noch keine definitive Meinung gebildet. Aber wenn die zweitgrößte Arschkrampe der Piratenpartei, Christopher Lauer, mit dem Twittern aufhört, dann bedeutet das einen Qualitätsgewinn für diesen Dienst.
Wie gesagt, wie viel ich wirklich twittere, wird sich zeigen, Follower sind aber jederzeit und gerne willkommen.

Es ist viel passiert, die Erkältungssymptome sind verschwunden, meine Schürfwunden sind inzwischen auch abgeheilt.

Aber der Reihe nach:
Wir hatten mal wieder Besuch, pünktlich zum Geburtstag der besten Ehefrau, die ich je hatte, ist ein Ehefrauen-Kollege samt Tochter angereist um die Winterferien in Tokio zu verbringen. Also ohne Skilaufen. Dafür mit reichlich Shopping, Sightseeing und was man noch so in einer recht großen Stadt machen kann.

Der Besuch war natürlich ein willkommener Anlass, zum Geburtstag der besten Ehefrau eine Eistorte mit einem übermäßigen erhöhten Schokoladenanteil zu erwerben. Wir hätten diese Torte aber auch ohne Besuch gekauft, dann aber mit schlechterem Gewissen.
Unsere Gäste sind mit ziemlich klaren Plänen und Vorgaben angereist, der Vater hat in Akihabara historisch relevante Spielkonsolen gekauft, die bestimmt schon vor Erfindung des elektrischen Stroms hergestellt worden sind.
Menschen, die sich derartig für Dinge begeistern, dass sie bereit sind, große Teile von Zeit und verfügbarem Einkommen diesen Dingen zu widmen, nennt man in Japan "Otaku"; in diesem Fall muss man wohl von einem "Videospiel-Otaku" sprechen. Ehefrauen von Videospiel-Otakus benutzen für ihre Männer jedoch häufiger den Begriff "hoffnungsloser Fall".
Dieser Besuch hat mir zu einem Besuch im Ghibli-Museum verholfen. Das "Studio Ghibli" ist ein klassisches Anime-Studio, also Studio für Zeichentrickfilme. Die haben ein sehr schönes, spannendes Museum, das einen Besuch lohnt. Auch, oder gerade weil es in dem Museum ausschließlich Erklärungen in japanischer Sprache gibt. Dafür kann man jederzeit einen Haufen begeisterter japanischer Filmfans sehen, die sich begeistert vor großen Robotern fotografieren lassen und hartnäckig versuchen, den Museumsshop leerzukaufen.

Dann war da noch Karnevalsparty in der Deutschen Botschaft. - Sie hat mir bewiesen, dass meine DNA in den letzten 600 Jahren wohl nicht mit Karnevalismus in Berührung gekommen sein kann. Es war wirklich lustig, viel lustiger als ein Flug mit der AirFrance, die Tokioter U-Bahn in der Rushhour oder ein Sturz vom Fahrrad in der Maiglöckchengasse. Alles selbst ausprobiert, deshalb auch die inzwischen abgeheilten Schürfwunden.
Ich habe aber noch einen Tipp, wie man Party nächstes Jahr noch besser machen kann: Bratwürste schmecken besser, wenn man sie warm serviert... Und mit Senf.

Dann waren wir noch jagen... Nach Erdbeeren.
Daran ist eigentlich nur unser Besuch bei der Führerscheinstelle in Samezu schuld. Dort haben wir letztes Jahr Stunden gesessen, um unseren Führerschein umzuschreiben. Dann haben wir uns gesagt, wenn wir schon so lange da gesessen haben, dann kaufen wir uns auch ein Auto. Als wir unser Auto hatten, haben wir uns gesagt, dann sollten wir es auch zu mehr benutzen, als damit einzukaufen und zum Flughafen zu fahren.
Also haben wir mit dem Auto einen Sonntagsausflug gemacht... Dorthin, wo nie ein Bahnfahrer hinkommt, in die Erdbeeren.















Knapp 90 Minuten südwestlich von Tokio gibt es eine Erdbeer-Erlebnisfarm. Und den Fuji-san, aber uns waren die Erdbeeren wichtiger.
So ein Ausflug in die Erdbeeren ist in Japan natürlich perfekt organisiert: Man fährt zur Erdbeer-Zentrale, kauft eine Eintrittskarte in ein Gewächshaus. Danach bildet man mit anderen zahlreich anwesenden Erdbeer-Otakus einen Konvoi um von einem Führungsfahrzeug zu einem Gewächshaus geleitet zu werden.
Am Gewächshaus angekommen, bekommt man eine kleine Schale mit Vanille-Dip und dann geht es los. Die hungrige Meute geht auf die Jagd.











Wobei der Begriff "Jagd" hier etwas unzutreffend ist, denn der Erfolg ist garantiert. Das Gewächshaus ist voller Erdbeerpflanzen, die unglaublich viele, unglaublich leckere. süße und reife Früchte tragen.
Ein ähnliches Gefühl der Überlegenheit muss ein Großwildjäger haben, wenn er er mit reichlich Munition und einer Kalaschnikow in den Zoo geht.
Direkt nach dem Einlass hat man genau 30 Minuten Zeit so viele Erdbeeren zu essen, wie nur irgendwie reinpassen. Und im Fall von mir und der besten Ehefrau, die je hatte, sind es echt viele gewesen. Und lecker war es. Oder auf Japanisch: Ichigo wa oishii desu.
Auch wenn es schwer vorstellbar ist, man kann sich an Erdbeeren sattessen. Das hat bei mir ungefähr 29 Minuten gedauert.
Es ist wirklich schade, dass die Erdbeer-Erlebnisfarm so weit weg ist, ich würde dort sonst jeden zweiten Sonntag zum Frühstück hinfahren.












Für die nächsten zwei Wochen soll es das jetzt aber erstmal aus Japan gewesen sein, nachher geht es aber erstmal dahin, wo es nach Meinung von Paul Kuhn kein Bier gibt.
Wir fliegen am Freitagabend in Tokio ab, kommen am Freitagmorgen in Honolulu an... Klingt komisch, ist aber so.

Sollte auf Hawaii etwas passieren, erstatte ich auch darüber Bericht... Versprochen.

Montag, 21. Januar 2013

Tokyosibirsk, Teil 2 - Gegenmaßnahmen!

Das Wetter hat sich gebessert, statt schneiend kalt ist es jetzt wieder sonnig kalt.
Aber der Winter mit seinen nächtlichen Tiefsttemperaturen von 6-8 Grad in unserem Schlafzimmer hat seinen Schrecken verloren. Denn meine Neugierde hat mich 178 Yen in etwas investieren lassen, dass aussieht wie ein nichtklebendes Rheumapflaster, das man mit Nesquik gefüllt hat. Also für 178 Yen bekommt man eine Tüte mit zehn nichtklebenden Nesquik-Pflastern.
Und weil wir in Japan sind, gibt es natürlich noch eine Verpackung dazu, die total "kawaii" ist.















Obwohl ich ganz ehrlich sagen muss: Wenn mir jemand diese Tüte gezeigt und gesagt hätte, dass in diesen Tüten ein Mittel ist, mit dem man hier die Robben vergiftet, dann  hätte ich ihm geglaubt. Ich hätte mich nur gefragt, warum man es immer noch verkauft, schließlich hat das Mittel bereits seine Wirkung gezeigt... Robben sind nämlich aus dem täglichen Straßenbild in Tokyo vollständig verschwunden.

Der Name dieses wundervollen Produktes lautet "Nukurinko". Wenn man die einzelnen Wortbestandteile übersetzt, dann kann man "Nukurinko" sehr kreativ mit "der große Kälte-Auslasser" übersetzen.

Nukurinkos sind kleine Wärmekissen, die durch kräftiges Schütteln aktiviert werden. Auspacken, einmal kräftig schütteln, schon wird es warm. Und es bleibt so für Stunden.
Die ideale Wärmflasche für Rotationsschläfer wie mich. Ich muss jetzt keine Angst mehr haben, dass ich aufwache, weil der Stopfen der Wärmflasche in meine Augenhöhle drückt.

Eins ist sicher: Morgen klebe ich mir gleich zum Arbeitsbeginn ein aktiviertes Nukurinko auf meine Computermaus. Das wird schön warm.

Über sonstige Einsatzideen halte ich Euch auf dem Laufenden, mir fällt da bestimmt noch was ein. Versprochen!



Sonntag, 20. Januar 2013

Neues aus Tokyosibirsk

Ich muss heute mal mit einen kleinen Exkurs in längst vergangene Zeiten starten. Als ich mit der besten Ehefrau, die ich je hatte, unseren Umzug geplant habe, saßen wir vor "der Liste", im Diplo-Sprech auch unter "Vakanzenliste für den gehobenen Dienst" bekannt.
Eine erste Durchsicht hatte mir schnell gezeigt, dass ich immer noch die meisten Hauptstädte der Welt kannte. Bei den wenigen, die ich nicht kannte, konnte ich einfach sagen "In Bamako gibt es bestimmt kein zuverlässiges Internet". Schon war ich fein raus, ich musste gar nicht grübeln, ob Bamako jetzt die Hauptstadt von Mali, Mauretanien oder Mazedonien ist.
Um den Wust an potentiellen Stationen zu strukturieren, habe ich viele Posten aussortiert. Und zwar sind in der ersten Runde gleich alle Posten rausgeflogen, in denen man entweder Französisch spricht oder in denen es regelmäßig schneit. Diese Sortierung macht durchaus Sinn, die Schnittmenge bildet nämlich nur Frankreich. Das ist also meine persönliche doppelte No-Go-Area, nach unserem Erlebnissen auf dem Flughafen Paris-CDG gilt das inzwischen auch fürs Umsteigen.

Dass in Tokyo kein Französisch gesprochen wird, dürfte allgemein bekannt sein, damit ist auch die hohe Lebensqualität in der Stadt erklärbar: Tokyo ist halt nicht wie Frankreich. Also ist Tokyo schön.

Tokyo wäre aber schöner, wenn es sich nicht ab und zu in Tokyosibirsk verwandeln würde.

Nämlich dann, wenn es plötzlich schneit. Und das hat es leider am letzten Montag sehr gründlich getan.
Beweisfotos? Bitte sehr:




Es hat pünktlich morgens angefangen, unglaublich stark zu schneien. Gemeiner, pappiger, nasser Schnee. Ich habe noch reflexmäßig versucht, das Schlimmste zu verhindern. Aber leider geht Schnee nicht weg, wenn man die Vorhänge zuzieht.
Am Ende des Tages hatte es 15 Zentimeter geschneit und meine Moral war ebenfalls unter den Gefrierpunkt abgesunken. - Wie kann es in einem Land, dass "Hello Kitty"-Nudeln, Sushi und Hybrid-Toyotas hervorgebracht hat, plötzlich in der Hauptstadt schneien? Schnee sollte für die Gegenden der Welt reserviert sein, in denen er nicht weiter stört. Oder in denen man Olympische Winterspiele abhält. Dort hat er sich durchaus bewährt.

Am späten Nachmittag hat der Hunger und die Neugier die beste Ehefrau, die ich je hatte, und mich nach draußen getrieben.
Was wir dort sahen, irritierte etwas.
Grundsätzlich ist Tokyo bei Schneefall wie Berlin bei Schnee. Erstmal bricht alles zusammen. Dann fahren dort keine Räumfahrzeuge.
Nach einer kurzen Schockphase besinnt man sich hier jedoch und macht genau das, was ein Engländer auch macht, wenn es auf seiner Insel schneit: Man zieht Schneeketten auf seine Sommerreifen und fährt dann damit durch den Schneematsch. Das macht man solange, bis die Straßen trocken sind... Dann fährt man weiter mit den Schneeketten auf der trockenen Strasse. Wie ein Engländer... Muss am Linksverkehr liegen.



















Da es statistisch aber nur einige wenige Tage im Jahr schneit, dieser Schnee dann auch nur selten liegenbleibt, besitzen japanische Hausbesitzer meist keine Schneeschaufeln. Die wenigsten Deutschen besitzen ja auch feinen Besen, um herangewehten Wüstensand von ihren Autos zu fegen.
Aber auch ohne Schneeschaufel sind unsere Nachbarn am nächsten Tag den lästigen Schnee vor ihrer Tür wieder losgeworden, sie haben ihn einfach fortgespült. Mit einem Wasserschlauch und viel Wasser... Wie gut, dass es zwar geschneit hat, aber nicht gefroren.

Inzwischen sind wir den Schnee wieder los, die meisten Autofahrer haben auch die Schneeketten von ihren Sommerreifen heruntergenommen. Oder sie sind ihnen einfach irgendwann gerissen.

Was bleibt, sind die vielen japanischen Mädchen, die mit Vornamen Yuki heißen, was soviel wie "Schneefall" bedeutet. Keine schöne Bedeutung, aber es klingt immerhin noch besser als Schantalle oder Nena-Shakira.

Ich weiß jetzt, dass es in Tokyo auch mal schneit. Trotzdem mag ich diese Stadt immer noch sehr.

Welche Wetterkapriolen uns noch erwarten, weiß ich nicht... Aber ich halte Euch auf dem Laufenden, wenn unsere Nachbarn ihren Gartenschlauch wieder für etwas benutzen, das ich ihnen nicht zugetraut hätte. Jedenfalls solange es jugendfrei ist. Versprochen.

Sonntag, 6. Januar 2013

Ein neues Jahr, ein neues Glücksspiel!

Ich wünsche allen Lesern, Nichtlesern und von Lesern-darüber-erzählt-Bekommern ein frohes und gesundes neues Jahr.





















Das Jahr 2013 ist übrigens gemäß des chinesischen Horoskops das Jahr der Schlange... Da wundert es mich doch sehr, dass das Buch Bettina Wulff schon im letzten Jahr erschienen ist. Aber gut, dann haben wir das schon mal hinter uns. - Was kann jetzt wohl noch kommen? Vielleicht ein Familien-Ratgeber in Co-Produktion von Kristina Schröder, Ursula von der Leyen und Lothar Matthäus... Die drei haben ja sonst nix zu tun.

Ich muss noch einen Nachtrag vom letzten Jahr nachreichen: Die Aussage "Wir haben die Feiertage auf Okinawa verbracht" klingt weniger prahlerisch wenn ich jetzt noch ergänze, dass wir dort mit einem Billigflieger hingeflogen sind.
Auch bei asiatischen Billigfliegern muss man im Service Abstriche machen, man kann also nicht viel erwarten. Man bekommt ungefähr den Service, den man bei der Deutschen Bahn in der 2.Klasse bekommt. Man muss also für alles bezahlen, aber mit drei Unterschieden: Es ist deutlich billiger, die Verkehrsmittel sind sauberer und die Getränke werden mit einem Lächeln serviert.
Billigflieger, oder wie sie sich selber gerne nennen: "Low-Cost-Carrier" funktionieren überall auf der Welt nach dem gleichen Prinzip: Die Flieger müssen voll sein; alles was Gewicht verursacht, muss bezahlt werden... Oder es bleibt draußen.
In Asien geht man dabei ein paar besondere Wege: Eine asiatische Low-Cost-Carrier-Stewardess wiegt im einsatzbereiten Zustand (angezogen, frisiert und geschminkt) maximal 32 Kilo.
Da könnte sicht die Firmen Easyjet und Airberlin eine Scheibe von abschneiden, dort schleppt jede Stewardess ja alleine 800 Gramm Stuckatur-Gips als unnützen Ballast im Gesicht herum.

Weil die asiatischen Billigflieger so viel Gewicht an den Saftschubsen sparen, gibt es dort dicke, buntbebilderte Bordmagazine. Das Bordmagazin der AirAsia hört auf den protzigen Namen "Travel 3 sixty", damit wird klar: Bescheuerte Namen mit schwer verständlichen Buchstaben-Ziffern-Kombinationen sind kein alleiniges Merkmal von Casting-Bands.
Da ich leider keinen geeigneten Stift dabei hatte, um den Boden der AirAsia-Spucktüten auf der Innenseite mit Konfuzius-Zitaten zu versehen, habe ich das Bordmagazin durchgeblättert: In einem Bericht über die angeflogenen Ziele und ihre Neujahrbräuche war ein kurzer Artikel über verrückte Neujahrsbräuche aus aller Welt.
In diesem Artikel hat auch Deutschland Erwähnung gefunden. Man fand es nämlich bemerkenswert, dass die Deutschen seit 40 Jahren sich zum neuen Jahr immer wieder einen alten, schwarz-weißen Fernsehsketch mit einer Rentnerin und einem betrunkenen Butler in einer fremden Sprache ansehen, dessen genauer Inhalt ihnen im Vorspann auch noch erklärt werden muss.
Das zeigt doch: "Verrückt" ist immer eine Frage des Blickwinkels.

Wir haben zum Jahreswechsel hier genau das gemacht, was die Japaner auch machen: Zuviel essen und danach in den Tempel gehen. Japanische Neujahrsbräuche kann man hier bei Wikipedia nachlesen. Der Artikel lässt aber einen Neujahrsbrauch aus, der mich sehr begeistert hat: Den, der oder das Fukubukuro.
Ich erwähnte bereits, dass Glücksspiel in Japan illegal ist, es gibt aber drei Ausnahmen: Pachinko, eine Lotterie und Fukubukuro.
Pachinko ist laut und langweilig, die Lotterie ist wie in Deutschland auch: Man kauft sich ein Los und es gewinnt jemand anderes.
Fukubukuro ist hingegen die ideale Kombination von Konsum und Glückspiel, es handelt sich um fertig gepackte und verschlossene Glückstüten, die man in den ersten Tagen des neuen Jahres in vielen Geschäften kaufen kann. In diesen Tüten befindet sich Ware aus dem Geschäft, die weg muss und deshalb erheblich reduziert ist. Wenn man also bei einem japanischen Juwelier eine Fukubukuro-Tüte kauft, dann kauft man die "Juwelen im Sack".
Ich habe mir am 2. Januar so eine Fukubukuro-Tüte von Swatch gekauft, für umgerechnet 55€ gab es eine Fünftuhr für mich und eine Zweituhr für die beste Ehefrau, die ich je hatte. Was will man mehr?
Nächstes Jahr bin ich vorbereitet, dann gehe ich gleich gucken, ob es diese Glückbeutel auch beim Obsthändler gibt.... Vielleicht gibt es dort dann einen Beutel mit sechs Erdbeeren, einer Ananas und zwei Äpfeln. Wenn der Preis unter 20 Euro liegt, dann ist es ein Schnäppchen.

Aber bis es soweit ist, melde ich mich noch das eine oder andere Mal. Versprochen.

Samstag, 29. Dezember 2012

Kleine Autos, dafür aber große Komplimente

So kurz vor Jahresende muss ich hier noch ein paar Dinge loswerden, unter anderem die Geschichte von einem subtropischen Weihnachtswunder... Aber alles nacheinander.

Es kommt mir fast unfair vor, mich hier schon wieder über das Wetter zu beschweren, schließlich habe ich schon den ganzen Sommer über die Hitze gemault. - Ich tue es aber trotzdem: In Tokyo ist es im Moment etwas sehr frisch, um nicht zu sagen, es ist schattig. Manche sagen auch kalt. Es ist nicht richtig winterlich kalt, es liegt hier kein Schnee, Eis gibt es auch nur in Drinks und in den Eisdielen. Aber durch die mehr virtuelle Isolierung der Wohnungen ist man spätestens nach drei Stunden ohne Heizung in jeden Zimmer hervorragend über die Außentemperatur informiert. Die aktuelle Außentemperatur wird sozusagen indoor erlebbar gemacht. Und alles, ohne dass man dafür ein Fenster öffnen muss. Das Leben in Japan ist halt sehr serviceorientiert. 

Dann haben wir noch Westbesuch: Wir haben gerade Besuch von der Lieblingsschwiegermutter der besten Ehefrau, die ich je hatte.
Und wenn man Gäste hat, dann muss man dem Besuch ja auch was bieten.
Also haben wir uns kurzentschlossen vor den hohen Heizkosten über die Weihnachtsfeiertage in den Süden geflüchtet: Nach Okinawa...
Wer sich jetzt den Spontan-Besuch bei Wikipedia sparen will: Okinawa ist der südlichste Teil Japans, subtropische Inseln mit momentanen Temperaturen von 20-23 Grad, im Sommer mehr. In Kombination mit günstigen Flugpreisen eine echte Verlockung.
Außerdem musste unser Auto mal wieder gewaschen werden... Deshalb sind wir mit dem Auto zum Flughafen gefahren, haben den Wagen während unserer Reise einer Firma anvertraut, die ihn gegen eine Zahlung von knapp 70 Euro gewaschen hat. In dem Preis war das Parken während unserer Reise kostenlos enthalten. Ein cleveres Geschäftsmodell, in Berlin gibt es sowas auch: Da kann man sich am Parkhaus vom Flughafen Tegel für 20 Euro am Tag sein Navi und ein wenig Kleingeld aus dem Auto klauen lassen... Aber dafür ist der Wagen hinterher nicht sauber.

Okinawa ist irgendwie auf eine typisch japanische Art un-japanisch. Man hastet nicht morgens mit der U-Bahn zur Arbeit, man kann höchstens in der Inselhauptstadt Naha mit dem Monorail fahren.
Ansonsten fährt man dort Auto... Also fast. Genauer gesagt fährt man auf Okinawa mehrheitlich Kei-Car. Die phonetische Ähnlichkeit zum "Kettcar" ist kein Zufall, auch die Größe ist ziemlich ähnlich.
Ein Kei-Car ist eine Besonderheit, die es so nur in Japan gibt: Ein Auto mit maximal 3,40 Meter Länge, 1,47 Breite und maximal 660ccm-Motor mit 63 PS. Dafür dann aber mit Automatik, Klima, Navi, Servo, Start-Stopp-Automatik, elektrisch anklappbaren Außenspiegeln, Becherhaltern, Bodenradar, Flux-Kompensator und unglaublichen vier(!) Sitplätzen.
Wir hatten uns zum Erkunden von Okinawa und dem Besuch bei den Fischen so einen Wagen gemietet... Und auch bekommen: Einen grünen Daihatsu Tanto, diesen hier:





















Das Fahrgeräusch erinnerte leicht an einen Aufsitz-Rasenmäher, aber dafür hat man im Stand kaum etwas vom Motor gehört. Hauptsächlich weil einen ständig irgendwelche Pieps- und Palim-Palim-Geräusche daran erinnert haben, dass man die Handbremse (die übrigens mit einem Pedal im Fußraum betätigt wurde) noch angezogen hatte, das Licht an oder der Rückwärtsgang eingelegt war. 
Außerdem belehrte einen das Navi unterwegs regelmäßig über Mautstationen... Aber erst, wenn man sie bereits sehen konnte. Aber dafür in akzentfreiem Japanisch... Das könnte ich nicht.

Was es sonst noch über Okinawa zu sagen gibt: Tolles Essen, großartige Sehenswürdigkeiten, Landschaft und Natur.
Hier ein paar Fotos:
































Dann ist da noch die Sache mit den Amis und Okinawa, für die US-Armee ist Okinawa so etwas wie ein "unsinkbarer Flugzeugträger", man betreibt dort mehrere US-Militärbasen. Dieser Flugzeugträger ist aber nur deshalb noch nicht untergegangen, weil kein bekiffter G.I. mit ihm irgendwo gegenfahren konnte. Das unterscheidet Okinawa also von einem Jeep.
Ganz ehrlich: Ich hatte mit mehr offensichtlicher Ami-Präsenz im täglichen Leben gerechnet. Aber wahrscheinlich trauen die Amis sich nicht aus ihren Stützpunkten. Es gibt nämlich gar nicht so viele überlebensnotwendige Starbucks-Filialen wie man glaubt.

Aber dafür hat man erstaunlich viel Platz um lustige Neon-Reklame aufzuhängen: 
















Jede Region der Welt hat seinen großen Touristenmagnet: NY hat den Times Square, Bayern hat Neuschwanstein, Berlin hat keinen fertigen Flughafen... Und Okinawa hat das Churaumi-Aquarium, sehr groß, sehr sehenswert. Obwohl die Besucher mehrheitlich Japaner sind, verhält man sich dort sehr zurückhaltend: Es gibt keine Sushi-Bar zwischen den Becken, man kann auch gegen Aufpreis keinen einzigen Fisch aus dem Becken als Sashimi mit an den Strand nehmen. Es gibt im Aquariums-Shop nicht mal Rezeptbücher... Und das in einem Land, in dem Whale-Watching nur das Vorspiel zum Whale-Eating ist.

Aber dafür gibt es dort die größten Fische der Welt zu sehen: Walhaie.
Die sehen dann so aus:
















Kurz zur Erläuterung: Der Walhai ist der mit den weißen Punkten, die mit der Kamera in der Hand sind Japaner.

Die Einwohner von Okinawa haben allerdings eine Schwäche: Sie nehmen es mit der Wahrheit nicht allzu genau. Man hat mir nämlich bei einem Restaurantbesuch das Kompliment gemacht, dass mein Japanisch gut ist.
Solche dreisten Lügen kennt man in Deutschland sonst nur von Kellnern, die sich bei Schwaben Hoffnungen auf Trinkgeld machen. Da Trinkgeld in Japan aber nicht nur unüblich ist, sondern geradezu eine Beleidigung für jeden Dienstleister, musste es einen anderen Grund für dieses substanzlose und unverdiente Kompliment geben. Ein Blick auf den Kalender brachte Klarheit: Es war der 24. Dezember... Es war also einfach nur ein profanes Weihnachtswunder. Sowas wie die unbefleckte Empfängnis oder eine gute Idee von unserer amtierenden Familienministerin.

Ob es auch ein Silvester-Neujahrswunder gibt, werde ich erst im nächsten Jahr berichten können. Ich halte Euch auf dem Laufenden.
Bis dahin wünsche ich einen gute Rutsch und ein frohes neues 2013.