Von einem, der im staatlichen Auftrag in die Welt verschleppt wurde. Und Spaß daran hat.
Sonntag, 14. Juni 2009
Besuch in der Oase
In den letzten Postings habe ich den wohl den Eindruck erweckt, dass Kairo eine laute, volle, stickige, nicht immer saubere Stadt ist.
Das stimmt, jedenfalls an den meisten Stellen der Stadt.
Der Verkehr erdrückt jeden Neuankömmling. Dabei ist es völlig egal, ob es um den Autoverkehr, die Massen von Fußgängern oder um U-Bahnen geht, die um 23 Uhr voller sind als in Berlin zur Rush-Hour.
Aber eine Stadt dieser Größe kann nicht nur eins sein, es muss auch Plätze geben, in denen das Leben der Stadt stillsteht. Oasen der Ruhe, Oasen der Sauberkeit, grüne Oasen.
An einem dieser Plätze waren wir heute.
Eigentlich wollten wir die Kairoer Zitadelle besichtigen. Eine Burg aus dem 11. Jahrhundert, die über der Stadt thront. Nur waren wir zu spät, man schloss um 16.00 Uhr. Also wieder der ein Fall für frühes Aufstehen am freien Wochenende.
Nun waren wir gestrandet, auf der anderen Seite von Kairo, fern der Heimat. Mit dem Taxi nach Hause? Wozu?
Also zuckelten wir mal wieder zu Fuß los, wir hatten zwar auf den Plan geguckt, aber mit nicht so richtig Vorstellung über einen Plan B.
Die Kairoer Zitadelle ist schon sehr beeindruckend, auch wenn man außen drum herumläuft. Direkt zwischen den Zeiten, links die Burg aus dem 11. Jahrhundert, rechts eine vierspurige Schnellstraße, auf der sechs Autos und ein LKW nebeneinander fahren.
Direkt vor der Zitadelle ist eine Siedlung, flache einstöckige Gebäude, unverglaste Fenster, teilweise fehlen die Dächer. Aber sehr ruhig. Man hat auch ruhige Nachbarn. Es ist eine Nekropole, eine Totenstadt. Allerdings eine unbewohnte.
Man kann sie sehr schön von den bewohnten Einfachsiedlungen unterscheiden. In den Nekropolen stehen keine Sat-Schüsseln auf den Dächern.
Auf dem nächste Hügeln befand sich das, was unser Ziel wurde. Der Al-Azhar Park, gestiftet vom Aga-Khan, errichtet auf einem 30 Hektar grossen Geröllhügel, eingeweiht 2004.
Fünf Pfund Eintritt pro Person, und man ist nach wenigen Schritten in einer grünen Oase. Grünflächen, ein künstlicher See, Spazierwege und viele, viele Kairoer. Familien mit Kindern und viele junge Paare. Es scheint ein ägyptisches Anbahnungsritual zwischen Mann und Frau zu geben, man spielt sich gegenseitig an den Handys.
Man hat einen fantastischen Ausblick über Kairo, es gibt keine Richtung, in der man etwas anderes sieht, als die Stadt. Trotzdem ist man abgeschottet vom Trubel, es ist ruhig.
Wir sind bis zum Abend geblieben, haben auf einer wunderschönen Terasse mit Blick auf die Stadt und den Sonnenuntergang gegessen.
Der Sonnenuntergang hat etwas ausgelöst, dass wir uns beide so nicht hätten vorstellen können. Der Untergang der Sonne ruft die Moslems zum Abendgebet. Und wie es klingt, wenn aus einer Stadt mit Tausenden von Moscheen der abertausendfache Ruf des Muezzins ertönt, das kann man sich nicht vorstellen. Plötzlich bricht es über die Stille herein. Es ist genauso laut wie ein Tokio-Hotel-Konzert, hat aber einen Vorteil, der Gebetsruf dauert aber nur wenige Minuten.
Uns hat der Platz sehr gefallen. Mir hat er eigentlich zu gut gefallen, um Touristen zu empfehlen, dorthin zu gehen.
Liebe Europäer, bitte lasst den Platz den Kairoern. Geht doch zu den Pyramiden, lasst Euch dort Kamelritte und Alabasterplunder verkaufen. Rennt in Hotpants und Spaghetti-Tops in das Ägyptische Museum. Kauft nutzlosen Schrott im Khan Il-Khalili-Basar und denkt nicht daran, dass ihr nur 7 Minuten Fußweg von einem der tollsten Ausblicke der Stadt entfernt seid. Und wenn Ihr in einem ruhigen Garte sitzen wollt, dann lasst Euch bitte im Marriott ausnehmen, bis die Kreditkarte glüht.
Ruhe habt Ihr dann zu Hause wieder. Und auf der Terasse nur Kännchen...
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