Freitag, 12. Juni 2009

Hausputz


Ich würde maßlos untertreiben, wenn ich dieses Posting mit den Worten "Kairo hat ein Problem" beginnen würde. Kairo hat mehr als ein offensichtliches Problem, viele davon haben damit zu tun, dass 20 Millionen Menschen in dieser Stadt zusammenleben.
Einiges von dem, was ich als ein Problem ansehe, ist für die Kairoer wahrscheinlich gar keins. Wer Verkehr nicht anders kennt, als so, der wundert sich nicht. Ich würde gerne mal einem Kairoer Taxifahrer einige Folgen vom "7. Sinn" vorführen.
(Liebe Kinder, nicht der schwachsinnige Film mit Bruce Willis, der heißt anders. Sondern eine Serie mit kurzen Fernsehspots, die der Verkehrssicherheit dienten und von 1966 an produziert wurden. Damals, als es noch einen Sendeschluss gab.)
Ich wüsste gerne, welche Folgen bei einem hiesigen Taxifahrer größere Irritationen hervorrufen würden. Die Folgen mit dem Tipps zum Fahren auf Schnee und Eis, oder die Folgen, in denen es um verkehrsberuhigte Zonen und das Anhalten an Zebrastreifen geht.

Ein anderes Problem, das Kairo hat ist Staub, leichter, fieser brauner Staub. Nilstaub genannt. Dieser Staub sorgt dafür, dass alles, was draußen steht, regelmäßig gereinigt werden muss. Natürlich wird nur ein Bruchteil von dem, was draußen steht, tatsächlich gereinigt. Unser Haus wurde zum Beispiel bestimmt noch nie gereinigt. Würde man es heute von dem Staub der vielen Jahre befreien, man müsste sich wohl Sorgen um seine strukturelle Integrität machen.

Aber heute hat man das Haus gegenüber gereinigt. Die Nationalbank von Ägypten. Steht auf der anderen Nilseite. Zwei Hochhaustürme stehen direkt nebeneinander. Wobei ich mir nicht sicher bin, in welchem Zustand tatsächlich die Türme sind. Die Fassade ist nicht vollständig, es sieht fast so aus, als ob nur ein Turm fertig ist. Dieser Turm hat eine Glassfassade, wahrscheinlich hat ein cleverer Architekt, der einen Vetter hat, der Glaser ist, das dem Bauherren so verkauft.

Auch diese Glasfront ist dem regelmässigen Angriff des Nilstaubes ausgesetzt, deshalb waren heute die Fensterputzer unterwegs. Warum man die Fassade an einem Freitag reinigt, wenn eigentlich alle frei haben, ist mir nicht ganz klar.
Ich habe aber eine Vermutung, man macht das, damit die Fensterputzer nicht in jedem Stockwerk mit den dort Beschäftigten eine Teepause halten. Man hat sich ja so viel zu erzählen, und man sieht sich so selten.

Also wurde ganz oben eine Gondel befestigt, drei Ägypter bestiegen diese Gondel mit einem Eimer, Werkzeug und Warnweste und begannen ihr Werk. Sie waren relativ flink. Für Ägypter.
Immer wenn sie eine Fensterreihe fertig hatten, dann liessen sie die Gondel weiter herab. Das Team war wahrscheinlich speziell für diese Mission gecastet worden. Bestimmt waren die drei genau gleich groß, so daß sie den gleichen Aktionsradius mit ihren Armen hatten.
Es wäre doch wirklich unschön, wenn in jeder Reihe ein Feld von 20 cm Höhe dreckig bleibt, nur weil einer der Fensterputzer zu klein ist. Es würde zwar ein interssantes Muster ergeben, aber das wäre vom Auftraggeber bestimmt so nicht gewünscht.

Während ich dieses Projekt von unserem leicht verstaubten Balkon betrachtete, taten sich mir zwei Fragen auf.
Erstens, wie schaffen es drei Ägypter eine mindestens 34 Stockwerke hohe Glasfassade mit drei Eimern Wassern zu reinigen? Man hat zwischendurch nicht nachgefüllt.
Zweitens, warum tragen Arbeiter in diesen Fassadengondeln grellbunte Warnwesten, die Strassenbauarbeiter im Verkehrschaos aber asphaltgraue Overalls?

Im Abendlicht betrachtet habe ich noch eine weitere Frage: Wann wird der zweite Teil der Fassade gereinigt? Man hat nach dem ersten Streifen die Arbeit eingestellt.

Vielleicht morgen, Inschallah!

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