Unser Haus wird bewacht. Rund um die Uhr.
Egal, wann man aus dem Haus raus oder rein geht, es sitzt immer jemand in Sichtweite. Dieser Jemand trägt die Uniform eines Sicherheitsdienstes. Es gibt zwei von diesen Wachleuten, sie wechseln sich ab. Beide begrüßen uns immer sehr freundlich, wenn wir in das Haus zurückkehren. Man sieht es ihnen förmlich an, dass sie sich über den Zuwachs ihrer Verantwortung nach unserer Rückkehr freuen. Schließlich haben sie jetzt zwei Personen mehr zu bewachen. Wenn wir das Haus verlassen, dann verbergen sie ihre Enttäuschung, dass sie uns nicht mehr bewachen können.
In Kairo wird fast alles von irgendjemandem bewacht, Brücken, Ampeln, Botschaften, Kreuzungen.
Je nach Wichtigkeit entweder von weißen oder dunklen Uniformen. Botschaften werden von dunklen Uniformen bewacht, Kreuzungen von weißen Uniformen. Wahrscheinlich gibt es da Unterschiede in den Zuständigkeiten.
Diese Wächter sind der Grund dafür, dass noch nie jemand eine Verkehrsinsel oder eine Kreuzung gestohlen hat. Weil sie gut bewacht werden. Der Schwarzmarkt für geklaute Verkehrsinseln soll ja international vernetzt sein. Unlängst ist erst eine gestohlene Bushaltestelle aus Oer-Erkenschwick in einem Vorort von Bukarest aufgetaucht.
Es gibt bestimmt Kairoer, die engagieren Wachleute, obwohl sie nichts zu bewachen haben. Nur damit andere nicht denken, dass sie nichts von Wert besäßen.
Und damit niemand unser Haus klaut, wird es auch bewacht. Von den beiden Wachleuten, die bei uns nur "der Schlaue" und "der Schläfer" heißen.
Der Schlaue schaut zur Begrüßung immer aus einem Buch auf, es sieht nach einem Lehrbuch aus, wahrscheinlich studiert er. Er trägt eine Brille und ist maximal Anfang 20.
Sein Kollege hat gute Chancen bei einem Oliver-Hardy-Ähnlichkeitswettbewerb mindestens Dritter zu werden.
Warum er "der Schläfer" heißt, kann sich jeder bestimmt selbst vorstellen. Er schaut nicht so oft auf.
Dann gibt es noch den Bawab, den eigentlichen Chef im Haus. Hauswart, Portier, Autowäscher, Parkplatzwächter, alles in einer Person.
Typischerweise trägt er eine dunkle Galabiyah und einen Turban, so wie unserer. Er kennt die Bewohner eines Hauses genau, er wird über Petras Arbeitszeiten genauso Bescheid wissen, wie er weiß, wann und wo ich einkaufen gehe.
Die Bawabs sind häufig Zielscheibe des Spotts der Middle-Class-Ägypter. Man sagt ihnen eine gewisse geistige Limitierung nach. Außerdem heißen sie angeblich alle Mahmoud. Ein Kairoer Sprichwort sagt: Das größte Elend, dass eine Familie treffen kann, ist, dass sich die Tochter in einen Bawab verliebt.
Ich bin sicher, dass er auch dem verwirrten "Call-a-Tikka"-Lieferanten helfen konnte, der am Samstag vor unserer Tür stand und 52 Pfund für ein Essen haben wollte, dass wir nicht bestellt hatten. Ich konnte ihm nicht helfen, die Adresse war in Arabisch geschrieben, ich weiß nicht einmal ob es eine Adresse oder das Rezept war.
Vielleicht hätte ich ihm doch die 52 Pfund geben sollen, und mal das Essen probieren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen