Freitag, 19. Juni 2009

Volkswanderpokal

Neben mir steht ein Pokal: "Für den Touristen, der an einem Tag die längste Strecke in der Stadt zu Fuß zurückgelegt hat". Ich sehe den Pokal zwar nicht, aber moralisch gesehen steht er neben mir auf dem Schreibtisch. Ägypter nennen den Pokal übrigens "Trottel-Cup".
Unter dem Schreibtisch stehen meine Füße. Sie geben immer noch Hitze ab, in einem Raum, der vor der Klimaanlage auf eine Temperatur heruntergekühlt wird, die man nur in Berlin momentan als "sommerlich" bezeichnen würde.
Heute morgen durfte ich nach meiner Arbeit noch einmal am Kopfkissen schnüffeln, dann sind wir frühstücken gegangen. In der leckeren Espresso/Cappuccino-Werkstatt gegenüber der italienischen Botschaft. Dann haben wir uns mit Wasser eingedeckt und sind per Taxi zur Zitadelle von Kairo gefahren. Das ist ein Wehrbau aus dem Mittelalter, er thront auf einem Felsen über der Stadt.
Absolutes "Muss man gesehen haben"-Bauwerk ist die Moschee von Mohammed Ali. Nicht der Boxer, der Andere.
Vor der Moschee haben wir ein interessantes Treiben beobachtet: Am Eingang stehen fliegende Händler, versuchen den spanischen Touristen, den gleichen Schrott anzudrehen, den man auch schon an den Pyramiden nicht haben möchte.
Ist eine Busladung in der Moschee verschwunden, dann laufen die Händler um die Moschee herum, und beziehen am Ausgang Stellung. Dort versuchen sie denn, den gleichen Plunder den gleichen Touristen zu verkaufen, die ihn am Eingang schon nicht wollten. Vielleicht sollte da mal jemand sein Geschäftsmodell überdenken.
Man kann auf der Zitadelle noch viele andere Dinge besichtigen, ein Polizeimuseum, ein Militärmuseum, das Museum der königlichen Kutschen. Vieles davon ist geschlossen.
Leider auch das "Museum der beschlagnahmten Dinge". Das gibt es wirklich, das ist eine Ausstellung von Dingen, die der ägyptische Zoll beschlagnahmt hat. Laut Reiseführer soll das eine bunte Mischung von Altertümern diverser Jahrhunderte sein, kombiniert mit Schusswaffen und ausgestopften Schildkröten. Wahrscheinlich auch mit einer veritablen Ausstellung von Reisebügeleisen, die deutsche Touristinnen im Handgepäck hatten.
Das Militärmuseum ist eine Lobpreisung an die Ägyptische Armee. Im Außenbereich werden reichlich Kanonen verschiedener Altersklassen ausgestellt. Man beginnt mit er pharaonischen Steinschleuder, ist aber sehr schnell bei Haubitzen angelangt.
Dort gibt es auch einige ausrangierte Kampfflugzeuge, davon ein Jet. Wahrscheinlich genau das eine Kampfflugzeug, das von den Israelis im Sechstagekrieg nicht am Boden zerstört wurde.
Dieses Museum ist wohl eher für ägyptische Grundschulklassen interessant.
Um Punkt 17.00 schließt die Zitadelle, dann wird man rausgekantet. Wir sind dann zu Fuß weiter. Mal wieder ohne Plan. Es wurde aber wieder spannend, an weiteren Moscheen vorbei sind wir durch Kairo gelaufen. Dann sind wir auf den Basar gestoßen, an dem wir schon am ersten Wochenende unser Bild von Kairo und Hygiene neu justiert haben.
Auf dem Tentmakers Basar habe ich jemanden gefunden, der mir vielleicht Sitzbezüge für meine Rikscha machen kann. Hoffentlich kommen bald die Maße aus Berlin.
Zwischendurch habe ich mit Petra mehrfach Rücksprache gehalten, ihre Kondition abgefragt. Sie sagte immer, dass sie noch Laufen kann und das wir noch weiter gucken können. Wir hatten eine grobe Orientierung, wo wir waren. Ein Taxi hätte uns jetzt aber auch nichts genutzt, die Straße, die wir entlang liefen, war bis zum absoluten Infarkt verstopft.
Wir liefen wohl quer durch den Kairoer Media-Markt, auf der Strasse gab es jeden denkbaren Elektroartikel. Nebenan standen die Autos im Stau und hupten. Selbst die Fußwege waren verstopft. Verstopft mit Elektroartikeln und Menschen.
Vom Elektrobasar wechselte das Angebot zu Kleidung, die Menschen wurden aber nicht weniger. Mir wurde einmal mehr praktisch demonstriert, dass eine Bevölkerungsdichte von 37.000 Menschen/qkm einfach mal richtig viel ist. Ich frage mich manchmal, trifft man als Kairoer überhaupt Freunde in der Stadt? Oder gibt es dort so viele Menschen, dass man seine Freunde dort gar nicht treffen kann. Weil immer die Fremden im Weg stehen.
Wir haben uns dann in die nächste U-Bahnstation gerettet, sind zwei Stationen gefahren und haben in dem bekannten Fuul-Imbiss unseren Hunger gestillt. Aber das wird ein gesondertes Thema.
Dann ging es aber mit dem Taxi nach Hause, schliesslich mussten wir noch einkaufen. Mit den Einkäufen sind wir dann nach Hause gelaufen. Inzwischen war es 19.30 Uhr.
Nach einer Dusche wollten wir uns noch etwas hinlegen, bevor es zum Essen geht. Um 22.30 Uhr bin ich aufgewacht. Jetzt ist es kurz nach Mitternacht, Petra kam gerade und hat gefragt, ob wir noch Essen gehen müssen. Oder ob sie weiterschlafen darf.
Sie darf.
Schließlich geht es morgen zu den Pyramiden von Sakarra. Mit dem Taxi. Und mit Sicherheit nicht zu Fuß nach Hause. Alexandria ist erst am nächsten Wochenende...

1 Kommentar:

  1. Haben die da auch Kinderwagen wie im Prenzlauer Berg, mit denen man alles so schön verstopfen kann?
    Besonders erfolgreich war die Kinderwagenmafia am letzten Sonntag, als ELEMENT OF CRIME am Kollwitzplatz spielte.Ich glaub da war wie Kairo.
    Janet

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